Billy Corgan: „Mitglied der Smashing Pumpkins zu sein, ist schwierig“

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Billy Corgan: „Mitglied der Smashing Pumpkins zu sein, ist schwierig“

Dass es kein Zuckerschlecken ist, bei den Smashing Pumpkins zu musizieren, ist auch Bandleader Billy Corgan nur allzu klar. Der wollte sich zuletzt eigentlich auch auf das Wesentliche konzentrieren: die Musik. Doch auch das ist heutzutage gar nicht mehr so einfach, wie Corgan spot on news erzählt.

Die Smashing Pumpkins haben längst Rock-Geschichte geschrieben, doch Bandleader Billy Corgan (47) ist keiner, der sich auf seinen Lorbeeren ausruht. Er will immer weiter Gefilde erforschen, in die sich noch keine Band vorgewagt hat. Dass das für seine Mitmusiker ganz schön anstrengend ist, sieht man daran, dass die Besetzung für das neue Pumpkins-Album „Monuments to an Elegy“ mal wieder fast komplett ausgetauscht wurde. Immerhin konnte Corgan so auch mal mit seinem Idol Tommy Lee musizieren. Dem würde er allerdings auch nicht zumuten wollen, tatsächlich bei den Kürbissen einzusteigen, wie Corgan der Nachrichtenagentur spot on news sagte.

Ihr neues Album „Monuments to an Elegy“ ist wie der Vorgänger „Oceania“ Teil des „Teargarden by Kaleidyscope“-Projekts. Welchen Platz nimmt es in diesem Konzept ein?

Billy Corgan: Es ist der Anfang vom Ende. Der Plan ist, dass das nächste Album, „Day for Night“, das Projekt abschließt. Das Projekt hat 2009 mit einer ersten EP angefangen, die ich online veröffentlicht habe. Ich weiß gar nicht, wie viele Songs ich inzwischen dafür geschrieben habe, zusammengenommen vermutlich mehr als die 44, die ursprünglich geplant waren. Aber jetzt nähert sich diese Idee ihrem Abschluss.

Das ganze Projekt basiert auf dem Tarot. Was hat Sie daran fasziniert?

Corgan: Zum Tarot gehört die Geschichte von der „Reise des Narren“. Die Null-Karte im Tarot ist der Narr, die Idee dahinter ist, dass wir alle mit nichts anfangen und dumm sind. Aber wir sind glücklich, denn wir kennen gar nichts anderes. Im Leben lernt man dann viele Dinge kennen, die einen unglücklich machen, Probleme, die man überwinden muss. Die Idee ist, dass man eines Tages wieder zum Narren wird, aber mit dem Wissen, das man unterwegs erworben hat. Als ich das Projekt begonnen habe, wollte ich wieder zum Narren werden, indem ich mich nicht um Plattenverkäufe, mein Image oder die Besetzung der Band kümmerte und einfach nur Musik machte. Ich hatte das Gefühl, dass das der beste Weg wäre, einfach nur gute Musik zu machen und dabei Spaß zu haben.

Wie kam es, dass Mötley-Crüe-Drummer Tommy Lee auf „Monuments to an Elegy“ spielt?

Corgan: Wir haben an einem Song gearbeitet und fanden, dass er wirklich gut dazu passen würde. Also habe ich ihn angerufen, und ehe ich mich versah, war ich in Los Angeles und habe ihm das ganze Album vorgespielt. Ich war nicht sicher, wie viel er machen würde, aber er wollte auf dem ganzen Album spielen. Also haben wir eng zusammengearbeitet und dafür gesorgt, dass sein Spiel sich wirklich gut einfügt.

Gehört er nun zu den Smashing Pumpkins?

Corgan: (lacht) Nein, er ist doch bei Mötley Crüe!

Ja, aber die wollten sich doch auflösen…

Corgan: Sie touren aber noch ziemlich viel. Und ich würde es Tommy nicht antun wollen, Mitglied bei den Smashing Pumpkins zu sein. Es ist sehr schwierig, damit umzugehen.

Sind Sie Mötley-Crüe-Fan?

Corgan: Oh ja, ich bin schon seit 1982 oder so Mötley-Crüe-Fan, und Tommy kenne ich seit 1992. Er ist ein wirklich guter Drummer, aber das erkennen nur Musiker. Jeder hat seine Meinung über Mötley Crüe und ihr Image, aber Musiker reden über das tolle Songwriting, die Einzigartigkeit von Vince Neils Stimme, das coole Gitarrenspiel von Mick Mars und Tommy Lees großartiges Schlagzeugspiel. Musiker erkennen, was Mötley Crüe wirklich zu einer erfolgreichen Band macht.

Wer gehört denn derzeit tatsächlich zu den Smashing Pumpkins?

Corgan: (lacht) Ich und Ernie und Bert aus der Sesamstraße.

Gibt es schon Pläne für die Zukunft der Smashing Pumpkins nach dem „Teargarden by Kaleidyscope“-Projekt?

Corgan: Ich weiß nicht. Ich denke jedenfalls, dass es heutzutage immer komplizierter wird, Alben zu machen. Es kann sein, dass ich danach mit den Smashing Pumpkins etwas Futuristischeres mache, als Alben zu veröffentlichen, vielleicht Soundtracks zu Filmen oder Multimedia-Shows. Etwas, das eine andere Verbindung zur Musik herstellt als der alte Zyklus: Ein paar Songs im Studio aufnehmen, für sie Werbung machen, sie verkaufen, mit ihnen auf Tour gehen – und dann alles wieder von vorne. Das habe ich viele Jahre gemacht und finde das nicht mehr besonders spannend. „Monuments to an Elegy“ kommt sehr gut an und das macht wieder Spaß, aber der ganze Prozess an sich langweilt mich eher.

Eigentlich wollten Sie schon mit „Teargarden by Kaleidyscope“ einen neuen Weg gehen und alles im Internet veröffentlichen. Stattdessen wurden nun drei Alben daraus – wie kam das?

Corgan: Da gab es viele Gründe. Einer davon ist: Die Leute haben die Musik nicht heruntergeladen, obwohl sie kostenlos war. Das haben U2 vor kurzem ja auch mit ihrem Gratis-Album erlebt. Man sollte meinen, wenn ich die Songs gratis anbiete, würden alle Smashing-Pumpkins-Fans sie runterladen, aber das ist nicht passiert. Ich habe dann gemerkt: Die wissen gar nicht, dass das existiert. Ich habe mich dann an die Medien gewandt, und da hieß es dann: „Wenn du es nicht verkaufst, scheren wir uns nicht darum. Da sind die ganzen anderen Bands, die ihre Musik verkaufen, und wir müssen uns schon mit deren Plattenfirmen gut stellen.“ So steht man plötzlich außen vor, obwohl man eigentlich zum Wesentlichen zurückkehren und einfach nur Musik machen wollte, damit die Leute sie hören können. Nach einer Weile habe ich erkannt, dass das so einfach nicht funktioniert. Und ich wollte nicht weiter Musik wegwerfen, die sich keiner anhört.

„Monuments to an Elegy“ ist nun das zweite Album ohne Jimmy Chamberlin, der früher neben Ihnen am ehesten noch eine Konstante der Smashing Pumpkins war. Fehlt er der Band?

Corgan: Jimmy hat erst kürzlich ein Interview gegeben, ich glaube es war für den britischen „Guardian“. Er leitet nun eine Technologie-Firma und erzählt, dass er darin seine Zukunft sieht und wie sehr ihn als Familienvater das Touren frustriert hat. Mitglied der Pumpkins zu sein, ist wirklich schwierig, das ist nichts für jeden. Wir sind nicht auf eine bestimmte Art von Musik festgelegt, es ist eine sehr fordernde Band. Sie wirft viele Fragen auf und stochert in der Heuchelei des Rock’n’Roll herum, sie macht sich Feinde. Man braucht viel Durchhaltevermögen, um in einer Band wie den Smashing Pumpkins zu sein, die oft erst viele Jahre später für ihre Arbeit gewürdigt wird.

Aber ist nicht gerade das der Grund dafür, dass die Smashing Pumpkins immer interessant geblieben sind?

Corgan: Das sorgt dafür, dass die Pumpkins interessant bleiben, und genau darum geht es auch. Als wir 1988 angefangen haben, war Rock’n’Roll wirklich langweilig, alles war so vorhersehbar. Wir haben einen gewissen Grad an Unvorhersehbarkeit an einen Ort gebracht, wo man das nicht für möglich gehalten hatte. Punk Rock war damals ja schon wieder zehn Jahre her. Niemand hatte gedacht, dass man noch etwas Überraschendes in den Rock’n’Roll einbringen könnte, aber ein paar Bands haben das geschafft. Andere Bands haben dann wiederum angefangen, das zu imitieren, und so wurde alles wieder vorhersehbar. Das Einzige, das man also mit einer Band wie den Smashing Pumpkins tun kann, ist, weiter in unerschlossene Räume vorzustoßen. Dinge auszuprobieren, die die Leute noch nicht verstehen. Genau das ist der Punkt, man tut Dinge, weil es Neuland ist. Dafür braucht man Mut. Es ist dagegen nichts Mutiges daran, immer wieder das Gleiche zu tun.