Benedict Cumberbatch: „Alan Turing gehört auf eine Banknote“

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Benedict Cumberbatch: „Alan Turing gehört auf eine Banknote“

Schauspieler Benedict Cumberbatch spielt in "The Imitation Game" das geniale, aber sozial unverträgliche Mathe-Genie Alan Turing. Warum ihn der zu Tränen rührte, erklärt er im Interview.

Es läuft rund: Der Brite Benedict Cumberbatch (38, „Der Hobbit“) ist nicht nur verlobt und wird demnächst zum ersten Mal Vater, zurecht gilt er auch als heißer Favorit bei den diesjährigen Oscars. Nominiert als Bester Hauptdarsteller ist er jedenfalls schon mal für seine Darstellung des britischen Mathematikers, Kryptoanalytikers und Informatikers Alan Turing (1912-1954) in „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ (2014).

Was es bedeutet, eine reale Figur zu spielen, erklärt der Schauspieler im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news so: „Es ist vor allem eine große Verantwortung, wenn man mit einem Menschen auf die Reise gehst, der tatsächlich existiert hat.“ In Alan Turings Fall kommt hinzu, dass die Geschichte dieses Genies so außergewöhnlich ist. „Eigentlich müsste er Banknoten, Geschichts- und Wissenschaftsbücher zieren“, findet auch Cumberbatch. „Im Vergleich zu dem, was er geleistet hat, ist er sehr unbekannt.“

Der 1954 verstorbene Brite gilt heute zwar als einer der einflussreichsten Theoretiker der frühen Computerentwicklung und Informatik, doch das ist nicht genug: „Er hätte als Wissenschaftler, Kriegs-Held und schwulen Ikone gefeiert werden sollen“, sagt Cumberbatch beim Gespräch in London. Stattdessen sei er von Beginn an angegriffen worden. Immerhin wurde der Wissenschaftler am 24. Dezember 2013 von Queen Elisabeth II. durch ein sogenanntes Royal Pardon begnadigt – wegen seiner Homosexualität war er zur chemischen Kastration gezwungen worden.

Vorbereitung und Dreharbeiten

Zur Vorbereitung auf die Rolle hatte sich Cumberbatch mit zwei Nichten des Wissenschaftlers getroffen, die ihm viele Geschichten von dem sonderbaren Mann erzählten. „Mich hat vor allem interessiert, wie wohl sie sich in seiner Gegenwart gefühlt haben, was für eine Stimme er hatte, wie er gegangen ist“, so der Künstler. Er habe Kinder wie Erwachsene behandelt, hieß es demnach dann, was auch an seiner Erziehung in strengen Internaten gelegen haben mag, mutmaßt Cumberbatch. Beim Vorab-Screening sei der Film bei der Familie sehr gut angekommen, „was mich sehr für Alan gefreut hat“.

Obwohl den Oscar-nominierten Schauspieler und das Rechen-Genie nicht wirklich viel verbinde – in Mathe sei Cumberbatch sehr schlecht, wie er zugibt – hege er große Sympathien für den Mann mit dem „tragisch kurzen und doch so intensiven Leben“. Zu Beginn der Dreharbeiten konnte der Schauspieler nach den ersten Szenen „die Tränen kaum zurückhalten“, weil er sich so gut vorstellen konnte, was es für einen „derart sensiblen Charakter“ bedeutet haben muss, solch „katastrophalen Situationen“ ausgeliefert gewesen zu sein. „Ich habe um ihn getrauert.“

And the Oscar goes to…

… Benedict Cumberbatch – vielleicht. Verdient wäre es in jedem Fall, denn die Verbindung zwischen Leben und Arbeit des Ausnahmetalents darzustellen, das in einer Welt jenseits unserer Vorstellungskraft eingeschlossen war, „war ein harter Brocken für mich“, gibt der Schauspieler zu. Sollte der Goldjunge tatsächlich an Cumberbatch gehen, kann man vielleicht erahnen, was er darüber denkt. Denn zum Cover-Shooting mit dem angesehenen „Time-Magazines“ sagt er: „Es ist sehr schmeichelhaft, auf dem Cover zu sein. Prominenz ist aber kein Beleg dafür, wirklich etwas erreicht zu haben. Alan sollte auf dem Cover sein. Er ist es aber nicht, sondern ein Schauspieler…“

Dass er sich gegen seine Eltern – Timothy Carlton (75) und Wanda Ventham (79) spielen ebenfalls in der Serie „Sherlock“ mit – durchgesetzt hat und doch wie sie Schauspieler geworden ist, hat sich inzwischen allemal gelohnt, denn der „Sherlock“-Darsteller war bereits mehrfach für Golden Globe, BAFTA Film Award, Emmy nominiert – und jetzt eben auch für den Academy Award…