Ben Howard, der Alles-Richtig-Macher

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Ben Howard, der Alles-Richtig-Macher

Feinsinniger Posterboy mit düsterem Folkpop: Es ist sicher nicht leicht, nicht abzuheben, wenn man als 24-Jähriger aus dem Stand heraus eine Million Platten verkauft und mit Awards geehrt wird. Ben Howard hat es geschafft. Auf dem zweiten Album entdeckt er seine düstere Seite - ohne seine Fans zu erschrecken.

Es hätte durchaus auch anders laufen können. Über eine Million Mal verkaufte Ben Howard sein Debütalbum , er wurde für den Mercury Prize nominiert und gewann zwei Brit Awards, darunter den für den größten Durchbruch. Der Brite hatte mit seinem Folkpop einen Nerv getroffen, bei Fans und Kritikern.

Es wäre nun keine Überraschung gewesen, wenn Ben Howard mit seinem Zweitwerk den sicheren Weg gegangen wäre. Schön gesungene Melodien auf anschmiegsamer Gitarre, noch ein bisschen mehr Pop, der nächste Jack Johnson, das hätte mit Sicherheit gut funktioniert. Und ein bisschen hatte man auch befürchtet, dass er mit dem „schwierigen zweiten Album“ die Nummer Sicher fährt – direkt in die Bedeutungslosigkeit. Howard aber verschanzte sich stattdessen ganz bodenständig mit seinem Drummer Chris Pond in einem Studio in seinem Heimatstädtchen Devon. Und produzierte völlig alleine ein Album, das, entgegen der Euphoriekurve, die der Überraschungserfolg bei ihm ausgelöst haben muss, eine neue, düstere Seite offenlegt.

Die bemerkenswert unorthodoxe Single „End Of The Affair“ (acht Minuten!) hatte bereits Großartiges angekündigt: Eine Akustikballade in höchsten Melancholie-Sphären mit dezentem Post-Rock-Ende. Auch wenn sie der experimentelle Höhepunkt der Platte ist, zeigt sie doch die neue Richtung an, in die Howard mit „I Forget Where We Were“ geht. Die Stimme erinnert mehr an Tracy Chapman als Conor Oberst, die Stille wird nicht nur von sanften Akustikgitarren getragen, sondern auch von sphärischen E-Gitarren durchbrochen, die an die Klangkunst von Sigur Rós erinnert.

Auf „I Forget Where We Were“ lässt der 27-Jährige seinen Songs noch mehr Raum und Zeit, wobei er sie gleichzeitig mit einer Extraportion Schwermut am Boden hält. Nie auf- aber immer eindringlich nutzt Howard die Dramaturgie des Post-Rock gekonnt um den Hörer mit auf eine Gefühlsachterbahn zu nehmen. Und trotz aller Melancholie ist dieses Album kein Trauriges, dafür ist es dann doch zu seicht, oder radiotauglich, wo es im Herbst neben Bon Iver und Damien Rice auch bestens passt. Dass die Mini-Tour im September bereits restlos ausverkauft war, zeigt schon, dass Howard alles absolut richtig gemacht hat. Gut, dass er vergessen hat, wo er stand. Es hätte durchaus auch anders laufen können.