Ben Becker: „Vor dem Sterben habe ich keine Angst“

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Ben Becker: „Vor dem Sterben habe ich keine Angst“

In "Die Bücherdiebin" (ab 13. März im Kino) schlüpft Ben Becker in die Rolle des Erzählers, der kein geringerer als der Tod persönlich ist. Eine passende Rolle für Becker; denn er spielte den Tod nicht nur jahrelang auf der Bühne, sondern sprang ihm bereits selbst schon von der Schippe. Wie sein Verhältnis zum Tod heute ist, verrät der 49-Jährige im Interview.

In dem Film „Die Bücherdiebin“, der am 13. März in unseren Kinos anläuft, führt der Tod den Zuschauer durch die Geschichte der jungen Liesel, die ausgerechnet während des Dritten Reichs ihre Liebe zu Büchern und die Macht der Worte entdeckt. In der Rolle des Erzählers verleiht Ben Becker (49) dem Tod eine derart vertraute Wärme, dass man sich kaum noch vor ihm Fürchten mag. Wie sein eigenes Verhältnis zum Tod ist, verriet Becker, der ihm 1997 selbst knapp von der Schippe sprang, im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.

Der Tod hat in „Die Bücherdiebin“ sehr viel Vertrautes und Warmes an sich. War es eine bewusste
Entscheidung, ihn nicht als etwas Erschreckendes darzustellen?

Ben Becker: Ja, absolut. Das wäre gerade bei diesem Werk auch falsch gewesen. Der Tod ist ja hier der Erzähler, der einen mit auf die Reise nimmt. Man darf nicht vergessen, dass der Tod auch Leidtragender
ist; seine Aufgabe ist es ja, die Menschen aus dem Leben zu holen. Ich wollte ihn also nicht als etwas
Bösartiges darstellen, sondern vielmehr als etwas Unumgängliches, als Teil des Lebens.

Hat Ihnen die Arbeit an diesem Film vielleicht auch ein bisschen die Angst vor dem Tod
genommen?

Becker: Durchaus, denn der Film geht auf eine sehr lebensbejahende Art mit dem Thema um. Ich habe mich
in meinem eigenen Leben sowieso leider schon des Öfteren mit dem Thema beschäftigen müssen.

Sie sind ihm ja selbst einmal von der Schippe gesprungen. Inwiefern hat Sie diese Erfahrung
geprägt?

Becker: Ich bezeichne diese Erfahrung ja immer als einen Unfall, und das war es auch. Es war zwar ein
dusseliger Unfall, aber dennoch ein Unfall. Und natürlich lässt einen so etwas nicht unbeschadet
zurück. Das macht etwas mit einem, aber was das konkret mit mir gemacht hat, behalte ich für mich.

Wie ist denn dann heute ihr Verhältnis zum Tod?

Becker: Vor dem Vorgang selbst habe ich eigentlich keine Angst. Ich habe vor allem Verlustängste. Ich liebe das Leben, mit allem, was dazugehört. Ich sitze gern in der Sonne und höre die Vögel zwitschern. Und
natürlich sehe ich auch meine Tochter gerne an und möchte sie um mich haben. Das sind Sachen, auf
die es dann zu verzichten gilt. Und davor habe ich Angst. Aber vor dem Prozess des Sterbens als
solchen, vor dem Betreten des Unbekannten, habe ich keine Furcht.

Haben sie denn eine konkrete Vorstellung, was uns nach dem Tod erwartet?

Becker: Da halte ich es mit meinem Freund Shakespeare: schlafen, vielleicht auch Träumen.

Sie haben den Tod ja bereits in Salzburg auf der Bühne dargestellt, in dem Stück „Jedermann“. Das
war allerdings eine sehr andere Darstellung, als wir sie in „Die Bücherdiebin“ sehen. Wie sind Sie in Salzburg an die Rolle herangegangen?

Becker: Ich habe den Tod vier Jahre lang gespielt und ihn mit der Zeit allerdings auch sehr verändert. Das
erste Jahr war ich als Tod ziemlich bösartig, fast ein Monster. Und mit der Zeit bin ich immer mehr
zum Leidenden geworden, der die Menschen eigentlich gar nicht unbedingt aus dem Leben holen will.

Woran lag diese Wandlung?

Becker: Das hat in erster Linie daran gelegen, dass es nach meinem ersten Jahr eine Neuinszenierung gab mit
einem völlig neuen Ensemble und mit meinem wunderbaren Kollegen Nicholas Ofczarek. Und es ist mir einfach unglaublich schwer gefallen, den in den Tod zu holen. So etwas spielt dann auch mit rein. Da steht der Tod dann plötzlich auf der Bühne und hat selbst Tränen in den Augen.

Warum haben Sie diese Rolle dann wieder aufgegeben? Ging Ihnen das Thema doch zu nahe?

Becker: Nein. Dazu bin ich als Schauspieler viel zu bodenständig. Aber es ist natürlich trotzdem keine
einfache Figur, und es holt einen schon ein, wenn man den selber geben muss. Denn der Tod ist ja immer noch etwas Unbekanntes und begegnet einem nicht jeden Tag. Insofern geht einem das natürlich schon ein Stück weit nahe.

Im Film geht es vor allem auch um die Macht der Worte. Was bedeuten Worte für Sie?

Becker: Ich liebe Sprache. Sie ist einerseits mein Hobby, und andererseits als Schauspieler auch Teil meines Berufs. Für mich ist Sprache Musik. Deswegen gestalte ich auch nie eine Lesung ohne musikalische
Begleitung. Sprache und Musik greifen für mich ineinander.

Der Tod hört sich im Film gerne die letzten Gedanken der Menschen an. Welchen Gedanken hätten Sie gerne als Ihren letzten?

Becker: „Es war sehr schön.“