„Ant-Man“: Ein kleines Puzzlestück im großen Marvel-Universum

Magazin

„Ant-Man“: Ein kleines Puzzlestück im großen Marvel-Universum

Marvels kleinster Superheld bietet große Unterhaltung - aber nichts, was man in den bisherigen Marvel-Filmen nicht schon erlebt hätte.

Im Marvel-Universum scheint immer noch Platz für einen weiteren Helden zu sein – vor allem, wenn er so winzig daherkommt wie „Ant-Man“ (ab 23.7. im Kino). Nach illustren Figuren wie dem Halbgott Thor oder der grünen Wucht des Hulk betritt nun also ein Super-Held in Ameisengröße die Bühne. Klingt nach einem peinlichen Versuch, alles aus den Marvel-Comics herauszuholen, was die Disney-Geldmaschine weiter schmiert. Was kann der Miniatur-Held dem Universum also noch hinzufügen, was es nicht ohnehin schon hat?

Zunächst einmal Kräfte, die sich auf dem Papier reichlich seltsam lesen: Ant-Mans herausragende Fähigkeit ist es, sich auf die Größe eines Stecknadelkopfes schrumpfen zu können. Auch die Besetzung erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich, wie man es mittlerweile von Marvel gewohnt ist: Comedy-Sidekick Paul Rudd („Trauzeuge gesucht“) ist es, der ins Heldenkostüm schlüpfen darf. Er spielt den Einbrecher Scott Lang, der seiner Tochter zuliebe dem Verbrechen abgeschworen hat. Bis Dr. Hank Pym (Michael Douglas) in sein Leben tritt und ihm vollkommen neue Möglichkeiten eröffnet. Mit der Fähigkeit, auf winzige Körpergröße zu schrumpfen und zugleich seine Kräfte zu vervielfachen, muss Lang das Geheimnis um Pyms einzigartigen Ant-Man-Anzug beschützen und dafür einen weiteren, spektakulären Raubzug unternehmen.

Ein Held zum Lachen

Ursprünglich sollte der britische Regisseur Edgar Wright („Shaun of the Dead“) Regie führen. Die erste Drehbuchfassung stammt aus seiner Feder, und seine Handschrift ist an vereinzelten Stellen wie dem actionreichen und urkomischen Showdown in einem Kinderzimmer noch zu erkennen. Fertiggestellt wurde das Buch von Adam McKay („Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy“) und Hauptdarsteller Rudd selbst. Diese illustre Runde und die Regie von Peyton Reed verpassten dem Film eine ordentliche Portion Humor und Selbstironie, die über gewöhnungsbedürftige Bilder wie dem Ritt auf einer folgsamen Flugameise hinwegsehen lässt.

Nun ist Humor etwas, das sich durch beinahe alle Marvel-Filme zieht, und so lustig wie „Guardians of the Galaxy“ ist „Ant-Man“ nicht. Einen coolen Anzug gab es schon in „Iron Man“, und Rudd fehlt das Charisma eines Robert Downey Jr. oder die Coolness eines Chris Pratt.

Doch ist Rudd gerade deswegen die ideale Besetzung. Ein zu großes Ego oder zu abgeklärte Coolness hätte das Kostüm des Mannes, der schon mal den Abfluss einer Badewanne heruntergespült wird oder eine Tracht Prügel von Hank Pyms Tochter Hope (Evangeline Lilly) einstecken muss, gesprengt. Rudds unaufdringliche Sympathie und leiser Sarkasmus haben einen großen Anteil daran, dass das Konzept eines schrumpfenden Superhelden funktioniert.

Große Action auf kleinem Fuß

Miniatur-Showdown: Ant-Man konfrontiert Yellowjacket

Und es funktioniert tatsächlich. Wenn man von den trashigen Ameisen-Heeren absieht, bietet das Spiel mit den Größenverhältnissen neue Möglichkeiten für kurzweilige Action. Der Zweikampf in einem Aktenkoffer oder Falcons (Anthony Mackie) Prügelei mit einem praktisch unsichtbaren Winzling lassen frischen Wind durch das Marvel-Universum wehen. Und für das Charisma sorgt schließlich Michael Douglas, der sich in seinem ersten Action-Blockbuster sichtlich wohl fühlt.

So stark das Zentrum des Films ist, so glanzlos bleiben die Nebendarsteller. Michael Peña bringt als notorisch gut gelaunter Kleinkrimineller Luis noch frischen Wind ins Geschehen – macht mit seinen verrückten Ticks aber die beiden weiteren, gewollt skurrilen Sidekicks überflüssig. Corey Stolls glatzköpfiger Lex-Luthor-Verschnitt Darren Cross ist, bis er am Ende endlich zum mächtigen Widersacher Yellowjacket wird, ein austauschbarer Schurke, der ohne erkennbaren Grund den Verstand verliert.

Letztendlich krankt der Film an dem Schicksal, das zur Sternstunde der Comic-Verfilmungen alle Superhelden-Streifen haben: Er muss sich mit vielen vorangegangenen Filmen messen. Und im Vergleich zur Wucht von „The Avengers“, dem Hochglanz von „Iron Man“ oder dem Spaß von „Guardians of the Galaxy“ bietet „Ant-Man“ keine großen Überraschungen. Er bleibt ein nur kleines Puzzlestück im großen Marvel-Universum. Aber eines, das einen für zwei Stunden verdammt gut unterhält.