„Anchorman 2“: You stay classy, Ron Burgundy!

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„Anchorman 2“: You stay classy, Ron Burgundy!

Er trägt die glamouröseste Föhnfrisur und den heißesten Schnauzer aller Nachrichtensprecher: Ron Burgundy ist zurück. Taktgefühl, Stil, Klasse und Eloquenz treffen auf knallharte Medienkompetenz - was dabei herauskommt, lesen Sie hier.

Es gibt Menschen, die den derben Humor von Will Ferrell (46) als pubertär, frauenfeindlich und rassistisch bezeichnen. Als sich permanent wiederholende Hau-drauf-Gags jenseits von Geschmack und Gürtellinie. Aber mal ehrlich: Diese Spaßbremsen haben ja keine Ahnung. Zehn Jahre nach „Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy“, der hierzulande sträflicherweise gar nicht erst im Kino erschien, kehren Brick, Champ, Brian und natürlich Ron zurück, um ihrer göttlichen Bestimmung zu folgen: „Mit perfekt gestylten Haaren die Nachrichten verlesen.“

Es könnte alles so schön sein: Der umwerfend gut aussehende News-Gott Ron Burgundy (Will Ferrell) ist gemeinsam mit seiner bezaubernden Frau und Kollegin Veronica Corningstone (Christina Applegate) von der Westküste ins New York der 1980er umgesiedelt. Alles läuft bestens, bis Senderboss Mack Tannen (Harrison Ford) das Paar in sein Büro bestellt. Während Veronica dort zur neuen Anchorwoman befördert wird, bekommt Ron seine Kündigung um die Ohren gehauen.

Das charismatischste Aushängeschild der amerikanischen Nachrichten-Branche gefeuert – Ron ist am Boden zerstört, verlässt Veronica und seinen Sohn und moderiert mehr schlecht als recht und vor allem ziemlich besoffen eine Delfin-Show in einem Themenpark in San Diego („Sahn Dee-aaahh-go.“). Soll es das gewesen sein? Nein, denn zum Glück kommt ein neuer privater TV-Sender auf eine aberwitzige Idee: Der neue 24-Stunden-Nachrichtensender GNN möchte den charismatischen Hengst in seinem fantastischen burgunderroten Anzug verpflichten.

Burgundy reagiert zwar zunächst verhalten auf das Jobangebot („24 Stunden Nachrichten? Das ist ohne Zweifel die dümmste Idee, die ich je gehört habe. Nichts für ungut, aber Sie sind dämlich“), stimmt aber schließlich doch zu – unter einer Bedingung: Er will das glorreiche „Action-4-News-Team“ wieder vereinen. Also sammelt er Außenreporter und Frauenheld Brian Fantana (Paul Rudd), den unterbelichteten Wetterfrosch Brick Tamland (Steve Carrell) und Sportreporter Champ Kind (David Koechner) ein, um sich im Big Apple ein Nachrichten-Denkmal zu setzen.

Dass ihnen zunächst nur der Sendeplatz zwischen 2 und 5 Uhr morgens zugeteilt wird, kann die vier ebenso wenig erschüttern, wie ihre afro-amerikanische Chefin. Denn Ron hat eine glorreiche Idee, um die Zuschauer vor den Bildschirm zu locken: „Ich verstehe nicht, warum wir den Leuten zeigen, was sie sehen müssen. Warum zeigen wir ihnen nicht, was sie sehen wollen?“

Und so bekommen die Zuschauer fortan amerikanische Propaganda, Sport und Wohlfühlthemen am laufenden Band gezeigt. Es sind die realen Vorbilder wie CNN oder Fox News, deren inhaltsleere, unterhaltende Pseudo-Nachrichten gekonnt auf den Arm genommen werden. Gegen aus einem Hubschrauber gefilmte Live-Verfolgungsjagden der Polizei, Crack-rauchende Moderatoren und Baseball-Bestoff-Szenen am laufenden Band ziehen „richtige“ Nachrichten – etwa ein Interview mit Jassir Arafat – den Kürzeren.

„Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy“ wurde in seinem Release-Jahr 2004 in Deutschland kaum beachtet. Erst in den Folgejahren erarbeitete sich der Film auf DVD auch hierzulande Kultstatus. Zehn Jahre später wollten die Produzenten auf Nummer sicher gehen und zogen eine flächendeckende PR-Kampagne mit Ferrell durch. Im US-Fernsehen durfte der Schauspieler als Burgundy tatsächlich zahlreiche Sendungen moderieren und verschiedene Prominente, etwa die Football-Legende Peyton Manning, interviewen.

Für die US-Ausgabe der „Huffington Post“ schrieb Burgundy einen Blog, wie Nachrichten seiner Meinung nach funktionieren sollten. Das alles war nicht nur unterhaltsames, sondern auch geschicktes Marketing: Eine Kunstfigur, die von Sendern und Verlagen als Nachrichtensprecher und Medienkritiker engagiert wird – welchen Beweis braucht es noch, dass die Medienbranche zur eigenen Persiflage wird?

Während beim Marketing diesmal schwerere Geschütze aufgefahren wurden, widerstehen Regisseur Adam McKay und sein Team der Versuchung, im zweiten Film alles größer, besser und schöner machen zu wollen. „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“ ist noch immer eine Old-School-Komödie, die von gelungener, zum Teil bitterböser, Situationskomik, völlig wahnsinnigen Dialogen und tollen Schauspielern lebt.

Neben Ferrell rückt diesmal vor allem Steve Carell als grenzdebiler Brick in den Vordergrund. Als Grabredner tritt er während seiner eigenen Beerdigung auf und freut sich tierisch, als er merkt, noch am Leben zu sein. Herrlich absurd! Zudem bekommt er einen weiblichen Gegenpart (Kristen Wiig) zur Seite gestellt, was in eine ebenso verstörende wie komische Romanze mündet.

Mann muss den ersten Teil zwar nicht gesehen haben, um „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“ zu verstehen, einige Anspielungen und Gags zünden aber nur mit Vorkenntnissen richtig. Etwa, wenn sich zum Ende hin Stars wie Jim Carrey, Ben Stiller oder Liam Neeseon im Central-Park ein Stelldichein geben. Dieses letzte Gefecht ist eine typische Szene für den speziellen Humor des Films: Wo andere Autoren einen Gang zurückschalten würden, drehen Ferrell und seine Crew erst recht auf. Bei der Sprache gilt: Seine volle Wirkung entfaltet der Film nur in der englischen (gut zu verstehenden) Originalfassung.

Fazit: „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“ ist genau der Film geworden, den sich Fans des Erstlings die vergangenen zehn Jahre gewünscht haben. Eine Medienpersiflage voll derber und abgedrehter Gags am laufenden Band. You stay classy, Ron Burgundy!