Achim Petry: „Der Vokuhila meines Vaters war beschissen“

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Achim Petry: „Der Vokuhila meines Vaters war beschissen“

Am Freitag ist Achim Petrys neue Platte "Mittendrin" erschienen. Darauf zu hören ist kein Schlager, sondern anspruchsvolle deutsche Rockmusik. Bei zwei Songs ist auch sein Vater Wolfgang "Wolle" Petry dabei. spot on news verrät der Junior, wie die Chancen auf ein Comeback seines Vaters stehen und warum er ihn modisch für eine "Voll-Katastrophe" hält.

„Mein Vater ist modisch gesehen eine ziemliche Voll-Katastrophe.“ Wer sich traut, so etwas über seinen Vater zu sagen, muss sich mit diesem gut verstehen. Und genau das ist bei Achim Petry (40) und Wolfgang „Wolle“ Petry (63) der Fall. Der Sohn des deutschen Schlagerstars hat am Freitag sein neues Album „Mittendrin“ veröffentlicht. Darauf zu hören sind auch zwei Vater-Sohn-Duette. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news nimmt der sympathische Rheinländer Achim Petry kein Blatt vor den Mund. Er erklärt, warum sein Vater beim Aufhören auf ganzer Linie versagt hat und wie er die Chancen auf ein Comeback seines alten Herren einschätzt.

Wer den Namen Petry hört, assoziiert damit sofort Schlager. Sie machen aber plötzlich rockige Musik. Wie kommt’s?

Achim Petry: Das hat sich so ergeben. Wir hatten den Luxus, einfach mal machen zu können. Und da hat sich schnell herauskristallisiert, es wird poppig. Außerdem bin ich ein sehr großer Fan von 30 Seconds to Mars und wollte deshalb mehr Einsatz von Toms und auch wieder ein Keyboard dabei haben. Zudem hatte ich auch keine Lust mehr auf die Schlagerecke. Denn für mich persönlich ist das Thema ausgereizt.

Sie meinen also, der Schlagermarkt ist momentan übersättigt?

Petry: Nein, das auf keinen Fall. Man sieht das ja an Helene Fischer oder Andrea Berg, die sind momentan sehr präsent und erfolgreich. Schlager boomt. Mein Vater war ja auch wieder präsent. Aber ich wollte halt nicht mehr diese Songs im Achteltakt machen wie mein Vater. Mit denen habe ich natürlich kein Problem, ich spiele die bei meinen Konzerten auch noch. Aber ich wollte solche Lieder nicht auf mein Album bringen. Du willst dich ja auch weiterentwickeln. Hätte mein Vater weitergemacht, würde seine Musik heute bestimmt auch anders klingen.

Aber da der Schlager gerade so gut läuft, hätten Sie es sich mit Ihrem Namen und einem Schlageralbum doch leicht machen können. Zumal auch noch ihr Vater bei zwei Songs dabei ist.

Petry: So leicht ist das nicht. Viele Leute glauben ja auch immer, ich könnte meinen Vater mal überholen. Aber gemessen an den verkauften Platten, wird sich selbst eine Helene Fischer schwer tun. Es sind einfach andere Zeiten. Bei meinem Vater wurden damals ganz andere Mengen umgesetzt als heutzutage. Und um auf den Namen zurückzukommen: Klar, der kann mal als Türöffner dienen, aber oftmals auch als Türstopper.

Wann ist der Name Petry ein Türstopper?

Petry: Ganz einfach, wie Sie eingangs schon sagten, manche Leute sagen beim Namen Petry gleich, sowas höre ich mir gar nicht erst an. Die assoziieren damit eine bestimmte Musikrichtung. Das ist natürlich auch legitim. Macht es aber nicht unbedingt leicht, um beispielsweise mit deinen Songs ins Radio zu kommen. Da brauchst du schon jemanden, der dann den zuständigen Redakteur davon überzeugt, sich die Platte mal anzuhören.

Auf dieser Platte sind zwei Songs mit ihrem Vater. Wie ist ihr Verhältnis zueinander?

Petry: Unser Verhältnis ist super. Das muss es ja auch, ich habe immerhin schon fünf Alben mit ihm gemeinsam gemacht. Das würde er ja auch nicht machen, wenn wir uns nicht verstehen würden. Mein Vater ist ein guter Freund von mir.

Würden Sie Ihren Vater gerne wieder auf der Bühne sehen?

Petry: Ich würde meinen Vater sehr gerne wieder auf der Bühne sehen. Deshalb animiere ich ihn auch mit kleinen Videobotschaften via Facebook. Was ist das auch für ein Rücktritt von ihm? Jetzt ist er sogar wieder in einem Video zu sehen. Das mit dem Aufhören hat ja super funktioniert.

Ist Ihr Vater ist also in einem Zwiespalt, weil er sich zum Rücktritt entschieden und nun aber doch wieder Blut geleckt hat?

Petry: Das kann ich mir absolut vorstellen. Aber ich weiß wirklich nicht, ob er wiederkommt. Mir ist ja selbst damals beim Essen die Gabel aus der Hand gefallen, als er mir erzählt hat, dass er mit „Einmal noch“ wieder ein Album rausbringt. Hätte ich nicht erwartet. Wie gesagt, er hat auf ganzer Linie versagt, was das Aufhören angeht. Und ich bin vielleicht mit Schuld daran, weil mein Vater bei meiner vorherigen Platte die Chöre gesungen hat. Dabei hat er wiederum gemerkt: „Oh scheiße, ich bin gar nicht mehr im Training“. Weil die Stimmbänder sind wie Muskeln, die musst du trainieren. Und das hat er mit seinen alten Liedern gemacht und dadurch ist dann die Idee mit dem -Album entstanden.

War dieses Album auch der Wegbereiter für das gemeinsame Duett?

Petry: So ist es! Aber wir hatten natürlich auch einen echten Glücksgriff mit unserem Produzenten Rene Lipps. Weil der hat uns über Nacht die Nummer „Rettungsboot“ serviert. Und die Nummer ist geil geworden. Wenn mein Vater oder ich den Song geschrieben hätten, wäre er vermutlich peinlich geworden.

Warum?

Petry: Das sage ich ganz ehrlich: Lieber einen Song gut von jemand anderem geschrieben bekommen, als ihn selber scheiße zu schreiben. Denn diesen Fehler machen viele Musiker. Manchmal muss man eben anerkennen, dass die eigene Nummer scheiße ist, also weg damit.

Zum besagten Song „Rettungsboot“ gibt es ein Musikvideo. Dort legen Sie am Ende den Arm um ihren Vater und gehen in die Ferne. Wie ist das zu interpretieren?

Petry: Da gibt es eine Geschichte dazu: Das war nämlich nicht geplant und wurde so genau ein Mal gedreht. Mein Vater saß beim Videodreh zwölf Stunden in dem Auto. Der war richtig fertig. Vor allem weil er nichts zu essen hatte. Und wenn mein Vater nichts zu essen bekommt, dann ist er ungenießbar. Er stieg also aus dem Auto aus und ich merkte sofort, der hat Hunger. Ich musste ihn also bei Laune halten. Deshalb bin ich zu ihm hin, legte den Arm um ihn und er seufzte nur: „Achim, ich muss jetzt ganz, ganz dringend was essen!“ So ist die Szene entstanden.

Wie ist das eigentlich für Dritte, mit Ihnen und Ihrem Vater zusammenzuarbeiten – anstrengend oder lustig?

Petry: Für jeden, der mit uns arbeitet ist das fürchterlich, weil wir uns permanent gegenseitig die Sprüche an den Kopf werfen. Und im ersten Moment weiß natürlich nie jemand, ob wir das ernst meinen.

Ihr Vater ist trotz seiner Erfolge immer auf dem Teppich geblieben. Woher kommt diese bodenständige Art?

Petry: Mein Vater hatte immer schon ein Problem mit dem Begriff „Star“. Denn ein Star war weder er noch ich. Wir sind Bespaßer, Kirmes-Beschicker. Wir stehen auf der Bühne und freuen uns auf die Rückantwort des Publikums. Und wenn wir am Ende des Tages den Leuten für ein paar Stunden den Alltag nehmen konnten, dann ist das ein sehr schönes Gefühl.

Waren Ihnen als Sohn eigentlich früher die Freundschaftsbänder Ihres Vaters peinlich?

Petry: Nein! Weil ich fand die Frisur noch viel beschissener als die Dinger. Also dieser Vokuhila, der war ja schon 20 Jahre bevor er ihn getragen hat out. Aber er kam damit klar. Mein Vater ist ja auch modisch gesehen eine ziemliche Voll-Katastrophe. Diese karierten Hemden, die er damals immer trug, die gingen ja auch nicht. Eines davon war übrigens meines, das hat er sich einfach so aus meinem Kleiderschrank geklaut. Ich hatte das damals immer bei Heavy-Metal-Konzerten an.

Haben Sie das je von ihrem Vater zurückbekommen?

Petry: Nein. Viel schlimmer das wurde bei einer TV-Show geklaut. Daraufhin hat er sich dann nochmal eines von mir geklaut. Und wo musste ich das dann wiedersehen? Im Haus der deutschen Geschichte in Bonn bei der Schlagerausstellung. Da hing dann mein Hemd hinter einer Glaswand. Das hätte ich allerdings schon gerne wieder zurückbekommen.