Rolf Zuckowski: „Vielleicht bin ich der Weihnachtsmann“

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Rolf Zuckowski: „Vielleicht bin ich der Weihnachtsmann“

Er zählt zu den erfolgreichsten deutschen Komponisten: Rolf Zuckowski. Mit den Latvian Voices und Viva Voce präsentiert er nun das Winter-Album "Zeit der Wunder". Welche Songs der Meister des weihnachtlichen Liedguts selbst zur besinnlichen Zeit hört, erklärt er im Interview.

Er ist einer der berühmtesten Komponisten und Textschreiber von Kinder- und Weihnachtsliedern hierzulande. Seit 2012 hat sich Rolf Zuckowski von der großen Bühne zurückgezogen, im Ruhestand befindet sich der 67-Jährige jedoch noch lange nicht. Mit den Latvian Voices aus Riga und Viva Voce aus Ansbach hat er nun das Winter-Album „Zeit der Wunder“ aufgenommen. Im Interview mit spot on news verrät der Hamburger, was seine Lieblingsweihnachtslieder sind und wie auf einer Autofahrt von Bochum nach Hamburg einer seiner größten Hits entstanden ist.

Herr Zuckowski, wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Latvian Voices aus Riga und Viva Voce aus Mittelfranken auf einem Album zu vereinen?

Rolf Zuckowski: Rein geografisch gesehen, liegen die Mädels aus Lettland und die Jungs aus Bayern natürlich zirka 2.000 Kilometer auseinander. Musikalisch haben sie jedoch einiges gemein. Ursprünglich hätten beide Gruppen gerne etwas alleine mit mir gemacht. Aber ich hatte keine Idee. Jedoch war ich von den Stimmen der beiden Gruppen sehr fasziniert. Somit kam mir der Gedanke, sie zusammenzubringen. Denn das würde sowohl mir als auch den beiden Gruppen neue Horizonte eröffnen. Schließlich kam mir das Stichwort Weihnachten in den Kopf. Denn diese Stimmen verbreiten eine gewisse Aura.

Was genau steckt hinter den Latvian Voices und Viva Voce?

Zuckowski: Die Latvian Voices sind neun eher klassisch-folkloristisch geprägte Damen aus Riga. Viva Voce sind hingegen mehr die spaßigen Pop-A-Capella-Sänger, aber mit einem Werdegang aus dem Windsbacher Knabenchor.

Sie haben bereits so viele Lieder komponiert. Gibt es das tatsächlich bei Ihnen, dass sie mal keine Idee haben?

Zuckowski: Ich lebe von Ideen. Aber in dem Fall herrschte schon eine gewisse Ratlosigkeit, weil ich beide Gruppen so hervorragend fand, dass ich mir dachte: Ich habe gar keine Kompetenz, Viva Voce voranzubringen. Was sollen die denn besser machen? Und ich habe auch wirklich keine Kompetenz, eine lettische Damengruppe voranzubringen, die schon so viele internationale Preise gewonnen hat. Somit kam es eben zu der Idee, das Thema Weihnachten aufzugreifen.

Gibt es auf dem Album ein Lieblingslied von Ihnen?

Zuckowski: Am beeindruckendsten finde ich „See Amid The Winter’s Snow“, weil es eine so hymnische Kraft hat, der man sich nicht entziehen kann. Deshalb wundert es mich, dass dieses Lied nicht schon viel öfters in dieser Größe erklungen ist. Ich kenne nur eine Aufnahme von Annie Lennox, dabei ist das Lied über 200 Jahre alt. Ich habe diesem verborgenen Meisterwerk einen deutschen Text gegeben, vielleicht öffnet sich dadurch auch in Deutschland eine Tür für dieses Lied. Denn viele sprechen zwar gut Englisch, aber die Botschaft kommt in der Muttersprache einfach stärker rüber.

Können wir uns mit deutschen Weihnachtsliedern besser identifizieren?

Zuckowski: Auf jeden Fall. Wenn Leute wie Sting oder Passenger ein richtig gutes Englisch texten, dann muss man schon mit dem Lexikon in der Hand zuhören, um Doppeldeutigkeiten und literarische Anspielungen verstehen zu können. In der Muttersprache erschließt sich sowas sofort. Und das Mitsingen findet auch viel schneller in der Muttersprache statt. Deshalb haben sich dann auch die beiden Gruppen darauf eingelassen, überwiegend auf Deutsch zu singen, weil wir hauptsächlich das deutsche Publikum erreichen wollen. Vor allem die lettischen Damen mussten somit natürlich viel Deutsch lernen.

Was sind eigentlich Ihre Lieblingsweihnachtslieder?

Zuckowski: Eines davon ist auch auf dem Album drauf. „Und wenn er wirklich wiederkäm“, es ist aus meinem Repertoire und auch das Lieblingslied meiner Familie. Es ist ein schwedisches Lied, das Emmy Köhler geschrieben hat. Meine Tochter singt es auf dem Album „Stille Nächte – helles Licht“. Das ist für meine Familie das Weihnachtslied schlechthin geworden. Bei den traditionellen Weihnachtsliedern ist das nicht so einfach. „Stille Nacht“ mag ich nicht so sehr, das ist mir irgendwie zu romantisch. Dann schon eher diese choralähnlichen Lieder wie „Vom Himmel hoch, da komm ich her“. Vielleicht ergreift mich solch ein Lied mehr, weil es so viel gelebte Geschichte in sich trägt. Man hat es als Kind gehört und mit den Eltern gesungen. In solchen Liedern ist die Seele von Weihnachten ganz stark eingefangen.

Wie halten Sie es mit den modernen Weihnachtsklassikern?

Zuckowski: „Last Christmas“ von Wham! finde ich einen starken Song, auch wenn er eigentlich gar kein richtiges Weihnachtslied ist. Ähnlich wie bei meiner „Weihnachtsbäckerei“. Da kommt zwar das Wort Weihnacht vor, aber eigentlich ist es mehr ein Bäckerlied. Aber vielleicht ist auch unsere heutige Welt so, dass viele gerade diese nicht wirklichen Weihnachtslieder so mögen, weil sie uns nicht zwingen, sich zu bekennen. Sobald es richtig in den Glauben hineingeht, mögen viele vielleicht nicht mehr mitgehen, weil sie sagen: „Nein, so gläubig bin ich nicht. Das kann nicht mein Lied sein.“ Deshalb könnte ich mir auch vorstellen, dass unser Song „Silver Bells“ sehr gut ankommen und in den Radios gespielt werden wird. Denn er versprüht so eine entspannte Weihnachtsmarktstimmung.

Wie ist eigentlich ihre soeben erwähnte „Weihnachtsbäckerei“ entstanden?

Zuckowski: Auf einer legendären Autofahrt von Bochum nach Hause, im Advent 1986. Damals war mein Sohn knapp drei, heute ist er 30. Ich habe zu Hause angerufen, mit meinem allerersten Autotelefon, und meine Frau erzählte mir, dass sie gerade angefangen hätten, Plätzchen zu backen. Das war für mich das Stichwort für das Lied. Mir ist sofort der Begriff „Weihnachtsbäckerei“ in den Sinn gekommen. Noch während der Autofahrt habe ich mir singend Text und Musik ausgedacht. Als ich zu Hause ankam, waren sowohl die Plätzchen fertig als auch das Lied.

Weihnachtslieder haben in Ihrem Leben schon immer eine große Rolle gespielt. Gab es auch mal eine Phase, in der Sie Weihnachten überdrüssig wurden?

Zuckowski: Nein! Vielleicht bin ich ja der eigentliche Weihnachtsmann – auf meine Art. Ich werde Weihnachten nicht überdrüssig. Ich versuche, dem Fest jedes Jahr neue Facetten abzugewinnen und auch eine Tiefe zu finden – was mir nicht jedes Jahr gelingt. Ich habe mein zweites Album „Winterkinder“ im Untertitel „Auf der Suche nach Weihnachten“ genannt, und diese Suche leitet mich eigentlich bis heute.