„Maleficent: Die dunkle Fee“: Charmante Dornröschen-Neuinterpretation

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„Maleficent: Die dunkle Fee“: Charmante Dornröschen-Neuinterpretation

In "Maleficent: Die dunkle Fee" verleiht Disney der bekannten Geschichte vom verwunschenen Dornröschen eine interessante Wendung und macht die "böse" Fee zur Hauptfigur. Dabei kann vor allem Angelina Jolie bei ihrer Rückkehr auf die Kino-Leinwand überzeugen.

Als Fee oder Hexe hat man es nicht immer leicht in Märchen. Von allen missverstanden, wird man kurzum als „böse“ abgestempelt, obwohl man doch eigentlich Niemandem etwas Böses tun will. Disneys neuer Film „Maleficent: Die Dunkle Fee“ erzählt die bekannte Geschichte vom 100-jährigen Schlaf des Dornröschens neu und rückt dabei ausgerechnet die Fee, die das unschuldige Mädchen in den Tiefschlaf verwünschte, in das Zentrum der Erzählung. Dabei brilliert vor allem Maleficent-Darstellerin Angelina Jolie (38, „Salt“), die nach vier Jahren Leinwand-Abstinenz ein tolles Comeback abliefert.

Die Geschichte von Dornröschen hat fast jeder schon einmal zum Einschlafen vorgelesen bekommen. Für alle anderen: Als dem König nach langem Warten endlich eine Tochter geboren wird, lädt er all seine Untertanen zu einem großen Fest, darunter auch zwölf Feen. Nur die dreizehnte im Bunde erhält keine Einladung und ist darüber so aufgebracht, dass sie das Kind mit einem garstigen Fluch belegt. Am 15. Geburtstag soll sich die Königstochter an einer Spindel stechen und daraufhin in einen todesähnlichen Schlaf fallen. Obwohl der König daraufhin alle Webstühle verbrennen lässt, wird die Prophezeiung wahr. Die Prinzessin kann nur durch den Kuss eines Prinzen von dem Fluch befreit werden.

Tatsächlich kommt es auch in „Maleficent“ zu der verhängnisvollen Verwünschung, allerdings unter deutlich anderen Vorzeichen. Der Film beginnt nämlich mit der Vorgeschichte der bekannten Story und zeigt, wie aus der naturverbundenen Fee die rachsüchtige Unheilsbringerin wurde. Als Kind lernte die Titelheldin einst den gleichaltrigen Stefan (Sharlto Copley, 40, „District 9“) kennen und lieben. Doch die Romanze währte nicht lange, weil Stefan zunehmend nach Macht strebte – laut dem Film ein typisch menschlicher Charakterfehler. Weil sich Maleficent und die übrigen Waldbewohner dem damaligen König widersetzten, verhängte dieser ein Kopfgeld auf die Fee: Wer sie zur Strecke bringt, würde seine Nachfolge antreten. Von dieser Aussicht korrumpiert, betäubt Stefan seine einstige Jugendliebe, doch anstatt sie zu töten, schneidet er ihre Flügel ab und bringt sie dem König zum Beweis.

Einige Jahre vergehen und Stefan ist wie angekündigt zum Herrscher ernannt worden. Bei der Geburt seiner Tochter und der anstehenden Feier kommt es dann, wie im Märchen, zu der Verfluchung. Damit hat es sich aber auch schon fast wieder mit den Gemeinsamkeiten mit der Buchvorlage. Im Verlauf des Films entwickelt nämlich ausgerechnet die dunkle Fee Maleficent eine enge Beziehung zu dem jungen Mädchen, welches sie nichtsahnend als eine Art Ersatzmutter ansieht.

„Maleficent: Die dunkle Fee“ entpuppt sich als charmante Neuinterpretation der bekannten Erzählung von Dornröschen. Der Film greift viele Aspekte des Märchens auf, verleiht ihnen aber durch geschickte Wendungen eine vollkommen andere Bedeutung und vermeidet so altbekannte Klischees. Wer meint, der Kuss einen Prinzen könnte alle Probleme aus der Welt schaffen, der liegt hier verkehrt. Die Entscheidung, den König als Bösewicht darzustellen und zudem stattdessen die von ihm betrogene Fee in die Hauptfigur zu verwandeln, verleiht der angestaubten Story eine unterhaltsame Frischzellenkur.

Bei der angestrebten Zielgruppe scheint sich Regisseur Robert Stromberg allerdings nicht ganz so sicher gewesen zu sein. So schwenkt der Streifen von äußerst ernsten Szenen, wie etwa dem stetig wachsenden Wahnsinn des Königs, zu kindlichen Slapstick-Einlagen der drei Feen, welche die Obhut über dessen Tochter innehaben. Gerade solche Momente sind derart zuckersüß, dass sie in dem sonst durchweg düsteren Ambiente des Films wie Fremdkörper wirken. Auf der anderen Seite dürften vor allem jüngere Zuschauer viele der angedeuteten Referenzen auf das Originalwerk nicht verstehen. Bei einer Altersfreigabe von sechs Jahren könnten zudem einige Szenen durchaus für schlaflose Nächte sorgen, was – wenn man so argumentieren will – ja durchaus in die Tradition von Märchen fällt.

Über alle Zweifel erhaben ist Hauptdarstellerin Angelina Jolie: Sie meistert den Spagat zwischen naiver Fee, fürsorglicher Ziehmutter und nach Rache gierender Zauberin durchweg glaubhaft und gekonnt. Auch Sharlto Copley als von Schuldgefühlen und Hass zerfressener König und Elle Fanning (16, „Super 8“) als unschuldiges Königskind Aurora liefern eine gute schauspielerische Leistung ab. Die inzwischen obligatorischen 3D-Effekte hingegen hätte es dagegen nicht unbedingt gebraucht, sie tragen nur in einigen wenigen Momenten zur Atmosphäre bei.

Fazit: „Maleficent: Die dunkle Fee“ hüllt die alte Geschichte von Dornröschen in ein unterhaltsames und frisches Gewand und vertauscht geschickt Protagonist und Antagonist. In ihrer ersten Rolle seit vier Jahren überzeugt dabei vor allem Angelina Jolie als vielschichtige Titelfigur.