Ukraine eröffnet das Finale: Wie politisch wird der ESC?

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Ukraine eröffnet das Finale: Wie politisch wird der ESC?

Beim Eurovision Song Contest 2014 geht es nicht nur um die Musik: Die Spannungen zwischen der Ukraine und Russland wirken sich auch auf den Songwettbewerb aus. Der ESC gab schon früher ein brauchbares Barometer für das Verhältnis zwischen den beiden Ländern ab.

Die Verantwortlichen des Eurovision Song Contest haben die Reihenfolge der Auftritte im Finale bekanntgegeben. Das deutsche Trio Elaiza tritt auf Position zwölf an, direkt nach dem österreichischen Travestie-Künstler Conchita Wurst. Ralph Siegels Schützling Valentina Monatta aus San Marino geht als Vorletzte auf Platz 25 ins Rennen. Eröffnet wird der Reigen von der ukrainischen Teilnehmerin Marija Jaremtschuk.

Das weckt durchaus den Verdacht, dass hier, allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz, ein politisches Statement gesetzt wird – zumal die russischen Tolmatschowa-Schwestern auf Platz 15 verwiesen wurden. Festgelegt wurde die Abfolge von dem dänischen Sender DR, der den Wettbewerb ausrichtet. Und auf welche Seite sich die Dänen schlagen, wurde schon beim Finaleinzug von Anastassija und Marija Tolmatschowa deutlich: Das Kopenhagener Hallenpublikum pfiff die jungen Mädchen gnadenlos aus.

Das Duell zwischen Russland und der Ukraine bietet einigen Zündstoff. Jaremtschuk setzt offenbar ganz bewusst auf die Solidarität des Westens: „Es tut ihr leid um die ausgebuhten Mädchen, aber sie ist schlau genug, in der jetzigen Situation nicht zu viel Sympathie für Russland zu zeigen, um die pro-ukrainische Stimmung für sich selbst nicht zu verlieren“, zitiert die „Bild“-Zeitung ein Mitglied der ukrainischen Delegation. Auch die Verantwortlichen des russischen Staatsfernsehens sollen den Tolmatschowa-Zwillingen auf Anweisung von Präsident Putin untersagt haben, sich zu politischen Themen zu äußern. Der Präsident mache den ESC zur Chefsache: Russland müsse unbedingt besser als die Ukraine abschneiden.

Das Verhältnis zwischen den beiden Ländern konnte man schon immer gut an der gegenseitigen Punktevergabe ablesen: Seit der ersten Teilnahme der Ukraine im Jahr 2003 gab es meistens 8 bis 12 Punkte für den jeweiligen Nachbarn. Ein erstes Tief gab es 2004, nach dem Sturz des prorussischen Präsidenten Janukowitsch in der Orangen Revolution: Die Ukraine gab Russland null Punkte, Russland der Ukraine zwei. 2009 sorgte der Gas-Streit zwischen den beiden Ländern für ein Ungleichgewicht: Während die Ukraine Russland acht Punkte gab, bekam sie im Gegenzug nur zwei Punkte – da half auch nicht, dass die ukrainische Kandidatin Switlana Loboda ihrem Song „Be My Valentine!“ kurzfristig noch den Zusatz „Anti-Crisis Girl“ anhängte. Und auch 2013 war die Stimmung bereits frostig: Russland bekam von der Ukraine vier Punkte, die Ukraine vom Nachbarn einen.

Interessant dürfte werden, wie sich der Graben zwischen der Westukraine und dem prorussischen Osten des Landes auf die Stimmvergabe der Ukraine auswirkt. Sogar die Votings von der Krim werden trotz des Anschlusses an Russland noch für die Ukraine gezählt – die Halbinsel hängt nämlich nach wie vor am ukrainischen Telefonnetz. Vielleicht haben die Menschen im umkämpften Osten aber auch Wichtigeres im Sinn, als beim ESC anzurufen.