Hundreds: „Wir sind ein klassischer Familienbetrieb“

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Hundreds: „Wir sind ein klassischer Familienbetrieb“

Es ist nicht so, dass deutsche Musik im Ausland nicht ernst genommen würde: Hundreds aus Hamburg sind seit ihrem Debüt vor vier Jahren mehr als nur ein elektronischer Geheimtipp. Jetzt gibt es ein neues Album. Sängerin Eva Milner erklärt spot on news, warum es so lang gedauert hat - und wie es sich mit "Stromberg"-Regisseur Arne Feldhusen arbeitet.

Bald vier Jahre ist die Musik alt – aber der Zauber wirkt noch: „We’ll reach into sunset, and we’ll turn into the light“ singt Eva Milner in dem Song „Grab The Sunset“. Und irgendwie ist dieser lyrische Plan, der die Zuhörer live und auf Platte regelmäßig packt, auch für die Band aufgegangen. Denn mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum wurden Hundreds – Milner und ihr Bruder Philipp – 2010 aus kaum mehr als dem Nichts zu einer der meistbeachteten deutschen Bands in Europa. Elektronik, Melancholie, menschliche Wärme und ein wenig Euphorie. Dazu fast perfekte Licht-Shows und unzählige Touren. So haben sich die Geschwister einen Namen gemacht.

Nur der Nachfolger für das Debüt, der ist darüber etwas in Vergessenheit geraten. Erst jetzt, gut vier Jahre später, gibt es ein neues Album namens „Aftermath“. Denn: „Das zweite Album war irgendwie noch mal wie ein zweites Debütalbum“, erklärt Eva Milner im Gespräch mit der Nachrichtenagentur spot on news. Nach dem vielbeachteten Debüt seien „Erwartungen von außen“ spürbar gewesen, berichtet sie. Schließlich habe Hundreds nun „ein Label, ein großes Live-Team“ und sich ein eigenes Publikum erspielt. „Das hat jetzt nicht unbedingt Druck ausgeübt, aber vielleicht unsere Sicht auf unsere Kunst nochmal verändert. Und wir haben tatsächlich nochmal bei Null angefangen beim zweiten Album.“

Probleme, mit denen sich junge Bands herumschlagen. Gerade, wenn sie perfektionistisch sind – wie die Geschwister Milner. „Philipp und ich sind extrem selbstkritisch und wir sind wirklich die ersten, die alles in Frage stellen und abklopfen auf Glaubwürdigkeit“, berichtet Eva Milner. Das Ergebnis wird am Freitag veröffentlicht. Und es ist eine Veränderung in den Nuancen. Auf der neuen Platte gibt es immer noch eine fein gewebte Grundlage aus elektronischen Sounds und die sehr umfassende Melancholie der Band – aber dazu gesellen sich ganz organische Sounds: Trompeten, Gitarren und Rascheln. Vielleicht eine zusätzliche Prise Pop. Das war auch für die beiden Musiker selbst eine Überraschung.

Dass auch bei poppigeren Songs wie „Circus“ der Spagat funktioniere und Brechungen im Sound spürbar seien, sei vor allem dem „Genie meines Bruders“ geschuldet, sagt Eva Milner. Während sich andere Geschwisterpaare in Bands bekriegen, ist die gebürtige Fränkin froh über die familiären Bande. „Ich glaube, bei uns ist es tatsächlich der Altersunterschied, der so ein bisschen den Stress rausnimmt“, meint Milner. „Philipp ist ja sechs Jahre älter als ich, und war deswegen auch immer ein klassischer großer Bruder für mich. Wir denken oft im gleichen Moment das gleiche, das ist tatsächlich so.“

Schon bei Familienfeiern in Jugendtagen habe sie mit ihrem Bruder zusammen musiziert, erzählt Milner. Die lebenslange Verbindung sorge nicht für Streit, sondern für Vertrauen. „Und wenn wir uns mal streiten, ist es natürlich auch ätzend und schmerzlich und nervenaufreibender als mit anderen Leuten – aber ich denke: Auch ehrlicher. Und ich habe auch das Gefühl, dass dabei nicht so viel kaputt gehen kann.“ Ansonsten sind sei das Duo „ein relativ klassischer Familienbetrieb“, findet Milner. „Die funktionieren ja meistens ziemlich gut: Man weiß, man kann sich auf einander verlassen. Man kennt sich ja schon so lange.“

Schwierige Entscheidungen in der Band werden im Team getroffen. Zum Beispiel, was den neuen Sound angeht. „Gerade bei ‚Circus‘, der Single, waren wir selber ein bisschen erstaunt und dachten: ‚Naja, können wir damit wirklich raus, ist das noch Hundreds?‘ – Und haben dann irgendwann die Entscheidung getroffen ‚Ja, das ist Hundreds!‘. Was dieses „Ja“ begründe, sei aber schwer zu sagen. „Was das genau ist, hört man dann eher mit dem Gefühl oder mit dem Herzen. Das ist schwer zu sagen, wirklich“, berichtet Milner nach kurzem Überlegen.

Der neue, erweiterte Klang der Band hat jedenfalls bereits Freunde gefunden. Arne Feldhusen, Regisseur von „Stromberg“ und „Der Tatortreiniger“ hat das Video zur ersten Single „Circus“ verantwortet. Aus Überzeugung, wie die Sängerin spot on news berichtet. „Er hat sich sofort zurück gemeldet und hat gesagt ja, er höre schon seit Jahren Hundreds und er finde uns ganz toll und er würde super gerne was machen“, erinnert sie sich. Der Regisseur habe sich dann trotz vollem Terminplan „ein Wochenende freigeschaufelt, sein ganzes Team an den Start gebracht und mit uns dieses Video gedreht“.

Für die Zeit nach Veröffentlichung des Albums hat der Familienbetrieb Hundreds bereits reichlich Pläne. Touren in den USA und Japan seien für den Herbst angedacht, sagt Eva Milner. Außerdem solle es bis zum dritten Album nicht wieder vier Jahre dauern. „Ich denke, wir werden diesmal ein wenig schneller anfangen, am nächsten zu arbeiten. Die lange Tour hatte einfach sehr viel Kraft geraubt und uns ein wenig abgelenkt vom eigentlichen Musikmachen.“ Tatsächlich seien bereits erste Ideen für das dritte Album notiert – während das zweite gerade erst in die Läden kommt. „Das ist ja immer so dieser lustige Moment. Du machst monatelang nichts anderes, beschäftigst dich nur mit diesen Songs, kannst sie rückwärts im Schlaf auf Chinesisch singen, aber wenn’s dann rauskommt ist es für alle anderen total neu und total frisch und man selber ist schon einen Schritt weiter.“