Gerhard Polt: „Hitler war einfach ein Arsch“

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Gerhard Polt: „Hitler war einfach ein Arsch“

Kabarettist und Schauspieler Gerhard Polt kehrt nach über zehn Jahren auf die Kinoleinwand zurück. Mit "Und Äktschn!" sorgt er rund um einen Hitler-Film für beißenden Humor und unzählige Pointen. Im Interview spricht er über Lust auf das Mittelmaß, Dilettantenorgien und seine ersten Berufswünsche.

Gerhard Polt (71, „Man spricht Deutsh“) ist der Grantler der Nation. Die Methode des Kabarettisten: Mimikry. Er ahmt sie alle nach: die Eigenbrötler, die Kleingeister und Egoisten. In seinem neuen Film „Und Äktschn!“ gibt er den von Selbstzweifeln vollkommen befreiten Hobbyfilmer Hans A. Pospiech, der gemeinsam mit Bedienung Grete (Gisela Schneeberger) und Musikhändler Günther (Robert Meyer) einen Film über den privaten Hitler dreht. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht er über seine innere Ruhe und seine Frühstückspläne für das Jahr 2014.

Wollten Sie nach zehn Jahren endlich wieder ins Kino oder musste man Sie erst überreden?

Gerhard Polt: Es war insofern ein Wunsch von mir, weil mir und dem Regisseur Fredrick Baker, die Geschichte schon lange im Kopf rumschwirrte. Wir wussten, dass das eine filmische Erzählung sein muss. Und das jetzt zehn Jahre vergangen sind, liegt auch daran, dass so ein Projekt erst einmal finanziert werden muss. Auch ich kann nicht einfach sagen: Ich habe eine Idee für einen Film und jetzt will ich mein Geld.

Waren Sie der Patriarch am Set?

Polt: Nein, wir hatten schon eine klare Verteilung. Klar habe ich das Drehbuch mitgeschrieben und war der Protagonist, aber einen Film kann man nur als Team machen. Loriot zum Beispiel wollte Gisela Schneeberger Betonung und Tonhöhe vorschreiben, bei mir ist das genau anders. Tolle Schauspieler wissen doch viel mehr von der Zunft.

Wie kam es zu der Idee, den privaten Hitler zum Thema des Films zu machen?

Polt: Ich habe einen Bekannten aus meiner Jugendzeit, den Hitler-Biografen Dr. Mauser, der Hitler anders dargestellt hat, als wir ihn kennen. Er unterscheidet sich von dem riefenstahlschen, brüllenden Hitler. Nach diesen Bildern war er ein Dämon und dann wären wir alle hilflose Opfer gewesen – so war es aber nicht. Ich wollte deshalb nicht den Dämon und auch nicht den Kasperl zeigen, denn er war eben einfach ein Arsch. Die Banalität darf nicht unterschätzt werden. Banalität hat eine unglaubliche Kraft, und das wollte ich zeigen. Ich wollte einen Film über die Macht des Mittelmaßes machen – eine Dilettantenorgie sozusagen. Diese Mittelmäßigkeit spiele ich mit Begeisterung.

Woher kommt die innere Ruhe, die Sie immer ausstrahlen?

Polt: Wir haben alle einen Zeitpuls und ich bin vom Charakter, aber auch vom Alter her einfach langsamer, retardierter und so erzähle ich auch gerne langsamer in meinen Filmen.

Was inspiriert Sie?

Polt: Ich schaue sehr gerne schwedische Filme und alte italienische Komödien. Diese Art des Erzählens kommt mir nahe.

Sie und Gisela Schneeberger sind ein Erfolgsgespann. Nur Hanns Christian Müller fehlt noch. Was war der Grund, ihn nicht mit ins Boot zu holen?

Polt: Das stand nie zur Debatte. Baker und ich haben uns die Geschichte und das Drehbuch ja bereits gemeinsam erarbeitet. Es gibt aber kein Zerwürfnis mit Müller oder so etwas. Gisela Schneeberger und er sind zwar geschieden aber wir sind in gutem Einvernehmen. Er hat mir erst kürzlich wieder etwas geschickt, das er geschrieben hat.

Was sind Ihre Ziele in diesem Jahr?

Polt: Ich will versuchen, ein paar Mal in Ruhe zu frühstücken und mich auch etwas im Banalen verstecken.

Wie sieht Ihr Zielpublikum aus?

Polt: Ich habe eben keins. Wenn Sie heute in die Oper gehen, haben Sie mindestens 70 Prozent Weiß- und Grauhaarige, und dann zehn Prozent Mittelalter und ein paar kleine Abiturientengesichter. Ich habe erstaunlicherweise ein sehr junges Publikum. Ich wundere mich da wirklich selbst darüber, welche Leute mich lustig finden.

Bei welchem Typ sind Sie besonders überrascht?

Polt: Mir passiert zum Beispiel, dass ein älterer Herr mit einem Kind auf mich zukommt und sagt: „Schau, das ist er.“ Und dann sag ich: „Grias di, wie heißt denn du?“ Dann sagt der ältere Mensch: „Er hört immer gerne Ihre Sachen.“ Und dann frage ich zurück: „Ach hörst du das gern?“ Und der Kleine sagt: „Opa ich möchte eine Limo“ – den interessiert das gar nicht. Manche mögen mich aber wirklich – vielleicht auch nur, weil sie mich als Geräusch angenehm finden.

Was wäre aus Ihnen geworden, wenn Ihre TV- und Kinoproduktionen nicht so erfolgreich gewesen wären?

Polt: Meine Biographie hat keine stringente Logik. Ich bin ja ein gescheiterter Bootsverleiher. Ich wollte das wirklich werden und nicht Cowboy oder Lokomotivführer wie andere Kinder. Wahrscheinlich hätte ich Schwedisch fertig studiert und als Übersetzer gearbeitet, wenn es anders gelaufen wäre.