Don Henley: „Ich habe keine Angst vor dem Ende“

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Don Henley: „Ich habe keine Angst vor dem Ende“

Eagles-Mitglied Don Henley ist 68 - und denkt nicht an Rente. Was er heute von "Frauen, Parties und Drogen" hält und was in den USA seiner Meinung nach falsch läuft, erzählt er im Interview.

Angeblich 200 Millionen Dollar auf dem Konto, berühmt – und immer noch keine Lust auf Rente. Don Henley, der Drummer der Eagles („How Long“), bringt dieser Tage ein neues Soloalbum heraus. „Cass County“ ist sein fünftes Album in 34 Jahren. In New York hat die Rocklegende mit der Nachrichtenagentur spot on news gesprochen.

Sie sehen mit 68 Jahren wie das blühende Leben aus. Was ist das Geheimnis?

Don Henley: Familie, Musik und regelmäßige Fitness, keine Frage. Ich habe drei wunderbare Teenager zu Hause, und ich glaube, dass ich immer ein guter Vater für sie war. Das macht mich glücklich, das bringt mein Herz zum Überlaufen.

Welche Vorteile bringt es mit sich, älter zu werden?

Henley: Ich mache mir heute nicht mehr so viele Sorgen. Ich bin entspannter. Das bringt die Lebenserfahrung so mit sich. Du hast nicht mehr soviel Drama im Leben.

Drama?

Henley: Frauen, Parties, Drogen, Alkohol. Das hat mich über Jahre abgelenkt. Irgendwann wachst du auf und merkst, dass du jetzt erwachsen bist. Und mit 68 Jahren im Sattel hast du schon so ziemlich alles durchgemacht.

Sie existieren in einer von der Jugend besessenen Kultur. Wie gehen Sie damit um?

Henley: Vieles verstehe ich heute nicht mehr. Wie kannst berühmt werden, nur weil du dich ausziehst? Du brauchst kein Talent mehr. Das macht mich traurig, aber ist vielleicht auch der Grund, warum die Fans noch immer unsere Musik hören.

Dolly Parton und Mick Jagger singen mit Ihnen auf dem neuen Album „Cass County“. Wie ist es dazu gekommen?

Henley: Ich bin schon so lange im Business, da kennt man sich. Für Mick Jagger und die Stones haben wir unser erstes Konzert eröffnet. Damals habe ich mir fast in die Hosen gemacht vor Aufregung. Aber Mick war immer schon echt cool. Heute sind wir gut miteinander befreundet.

Mit 68 denken die meisten längst an Rente…

Henley: Bloß nicht, warum auch? – Ich liebe es noch immer, Songs aufzunehmen und sie dann im Radio zu hören. Das ist wie Therapie für mich. Es ist meine Art, mit Menschen in Verbindung zu bleiben, es ist wie eine kleine Gemeinde, die alle zusammenbringt.

Musik als Heilmittel?

Henley: Ja, sicher. Unsere Welt bricht an allen Ecken und Kanten auseinander. Aber Musik überbrückt alle Differenzen, Religion, Politik. Es verbindet die Menschen in einer Welt, die sich sonst immer weiter auseinander dividiert.

Sie reden fast so, als hätten Sie ein Auge auf die Politik geworfen?

Henley: Oh, no! Das ist nichts für mich. Ich unterstütze zwar immer noch viele Politiker finanziell, aber in letzter Zeit bin ich immer enttäuschter, was unsere Politiker angeht. Wenn Donald Trump wirklich Präsident werden sollte, dann wandere ich aus.

Wundern Sie sich eigentlich manchmal, warum die Eagles einen solchen Erfolg über die Jahrzehnte hinweg hatten?

Henley: Ich glaube einfach, dass wir etwas richtig gemacht haben. Wir haben uns Mühe gegeben mit unseren Songs, und wir haben uns Zeit gelassen. Außerdem hatten und haben wir eine gute Arbeitsmoral. Egal, wie lange auch immer die Nächte waren, morgens haben wir geprobt und den Soundcheck gemacht.

Wird man nach all den Jahren eigentlich auch mal müde, immer wieder die alten Songs singen zu müssen?

Henley: Natürlich weiß ich, was viele unserer Songs für die Menschen bedeuten, aber wenn du 42 Jahre lang dieselben Songs auf der Bühne präsentierst, dann ist da irgendwann auch mal ein bisschen Schauspielerei mit dabei. Und du brauchst längere Pausen, sonst wirkt es einfach zu gespielt. Das ist doch in keinem anderen Job anders, du brauchst Abwechslung, sonst wird’s langweilig.

Die Eagles wurden immer mal wieder kritisiert, weil die Band angeblich Musik produziert hat, die es allen recht machen wollte…

Henley: Na und? Was ist denn daran falsch? Wir haben universelle Songs geschrieben, deren Inhalte die Menschen auf ihr Leben beziehen konnten. Natürlich war das volle Absicht. Wir wollten so viele Menschen wie nur möglich mit unseren Liedern erreichen.

Alter bringt normalerweise auch ein bisschen Reflektion. Ist das bei ihnen genauso?

Henley: Mit Sicherheit. Da ist dieser Tag, an dem du aufwachst und merkst, dass du dem Ende näher bist als dem Anfang. Aber ich mache mir darüber keine Gedanken. Warum auch, dagegen kann ich ja nichts unternehmen. Ich habe keine Angst vor dem Ende.

Und wovor haben Sie Angst?

Henley: Ich habe Angst davor, nicht bewusst gelebt zu haben. Wenn das Ende kommt, dann will ich mir darüber im Klaren sein, dass ich ein gutes und erfülltes Leben geführt habe. Das ist mir wichtig.

Wie wichtig ist es Ihnen, etwas an die Gesellschaft zurückzugeben?

Henley: Ich habe das Gefühl, dass es meine Pflicht ist, an die Gesellschaft zurückzugeben. Allein, weil ich das verdammte Glück hatte, ein sehr privilegiertes Leben zu führen.

Ihr neues Album heißt „Cass County“ benannt nach der Gemeinde in Texas, in der sie groß geworden sind, richtig?

Henley: Ja, das stimmt. Das Album ist eine Art Hommage an meine Gemeinde, die im Übrigen sehr arm ist dieser Tage. Ich helfe so gut ich kann. Vor kurzem habe ich das alte Gerichtsgebäude restaurieren lassen. Außerdem habe ich sechs Gebäude gekauft in Cass County, damit sie nicht abgerissen werden. Aber ich bin kein besonders guter Vermieter, bislang ist noch keines der Häuser neu vermietet (lacht).

Was hat sich seit ihrer Jugend in Amerika verändert?

Henley: Oh, mein Gott. Alles hat sich verändert. Besonders schade finde ich, dass die Kinder heute nicht mehr so frei und unbefangen aufwachsen wie ich aufgewachsen bin. Früher haben wir bis spät abends draußen gespielt, waren in der Natur. Heute können wir unsere Kinder noch nicht einmal mehr alleine von der Schule nach Hause gehen lassen.