Die größten Skandale der Filmfestspiele von Cannes

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Die größten Skandale der Filmfestspiele von Cannes

Nicht minder spannend als die Filmbeiträge sind die kleinen Aufreger und handfesten Skandale, die das Filmfestival von Cannes zu bieten hat.

Eigentlich sollen bei den jährlich stattfindenden Festspielen von Cannes die zahlreichen Filme aus aller Welt im Mittelpunkt stehen. Eigentlich – denn der Wettbewerb um den Preis der Goldenen Palme ist gleichermaßen ein Treffen der kreativsten, aber auch eigenwilligsten Köpfe der Filmindustrie. So zog bereits in den prüden 50er Jahren ein Starlet am Strand einfach blank, während ein bekannter Regisseur gar sein Verständnis für Adolf Hitler ausdrückte – und prompt des Geländes verwiesen wurde. Diese und weitere Aufreger rund um das Filmfestival von Cannes, das vom 13. bis zum 24. Mai stattfinden wird, gibt es hier.

Wir streiken!

Was die GDL kann, das konnten Filmschaffende schon in den 60er Jahren, auch wenn damals der Anstoß des Streiks ein weitaus politischerer war: Im Jahr 1968 lieferten sich Studenten und die Polizei erbitterte Schlachten in den Straßen von Paris, gleichzeitig legte ein Generalstreik quasi das öffentliche Leben lahm. Dennoch hätten in Zeiten des Aufruhrs die Filmfestspiele wie gewohnt stattfinden sollen. Doch das machten viele Regisseure nicht mit: Unter der Leitung von François Truffaut und Jean-Luc Godard rief eine Gruppe Filmschaffender auf, sich mit den Demonstranten zu solidarisieren. Viele Filme wurden daraufhin vom Wettbewerb zurückgezogen, Juror Roman Polanski legte sein Amt nieder. Kurze Zeit später wurde das Festival abgebrochen.

Borat im (fast) Adamskostüm

Beinahe wäre es einem lieber, Sacha Baron Cohen alias „Borat“ wäre komplett nackt über den Strand von Cannes gehoppelt. Sehr viel mehr hätte man im Jahr 2006 dann auch nicht von seinem haarigen Astralkörper sehen können, es wäre aber zumindest der Blick auf den wohl hässlichsten Herren-Badeanzug der Filmgeschichte erspart geblieben. Stattdessen stolzierte er in seinem neongelben „Mankini“ – einer Mischung aus Hosenträger und Eierbecher – an der Küste entlang und sorgte zumindest bei den ahnungslosen Sonnenanbetern für reichlich Gesprächsstoff.

Gotteslästerung

Lange bevor die britische Komikertruppe Monty Python mit ihrem Film „Das Leben des Brian“ den Zorn der katholischen Kirche auf sich zog, schaffte 1961 ein spanischer Film das gleiche, zugegebenermaßen nicht sonderlich schwierige Kunststück. Denn in seinem Film „Viridiana“ legte Regisseur Luis Buñuel am Beispiel einer jungen Nonne schonungslos die häufig anzutreffende Doppelmoral der Kirche offen. In Spanien wurde der Film daraufhin sogar verboten und erst 1977, 16 Jahre nach seiner Premiere, rehabilitiert. Der Jury von Cannes war der Trubel im Heimatland des Streifens übrigens egal: Sie vergab die Goldene Palme an „Virdidiana“.

Fliegende Torten

Der leckersten Form des Protests bediente sich 1985 ein beleidigter Filmkritiker. Weil ihm die Filme von Jean-Luc Godard zu kommerziell geworden sind, bewarf der Belgier Noel Godin den Regisseur mit einer Torte und traf ihn dabei mitten ins Gesicht. Doch anstatt wutentbrannt den Rausschmiss des Unruhestifters zu fordern, leckte Godard einen Teil der Sahne aus seinem Gesicht und dankte ihm für die gelungene Hommage an die Stimmfilm-Ära. Ob Filmschaffende heutzutage auch so cool reagieren würden?

Blanke Brüste in den 50ern

Nicht nur Sacha Baron Cohen zeigte in Cannes bereits, was er zu bieten hat. Zu der siebten Ausgabe des Filmfestivals reiste das französische B-Movie-Starlet Simone Silva an, um sich einen Namen zu machen. Und wie auch heutzutage noch Damen wie Micaela Schäfer wissen, geht das am einfachsten mit nackter Haut. Also zog die damals 26-Jährige bei einem Fototermin kurzerhand ihr Oberteil aus und bedeckte ihre Brüste mit ihren Händen. In den 50er Jahren war das selbstredend ein handfester Skandal. Sofort wurde Silva vom Festival geworfen. Die Presse hingegen liebte den PR-Stunt: So sollen sich bei dem Versuch, das beste Foto der halbnackten Frau zu schießen, zwei Fotografen Knochenbrüche zugezogen haben.

Lars von Triers verbale Entgleisung

„Lars but not least“: Für den bislang vielleicht größten Eklat in Cannes sorgte der dänische Regisseur Lars von Trier. Bei der Pressekonferenz zu seinem Film „Melancholia“ verstrickte er sich 2011 in einen wirren Monolog, in dem er Dinge wie „Ich verstehe Hitler“ oder „Okay, ich bin ein Nazi“ von sich gab. Und je mehr er seine Aussagen als Ironie kennzeichnen wollte, desto weiter redete er sich um Kopf und Kragen. Selten wollte wohl jemand lieber an einem anderen Ort sein, als die Hauptdarstellerin des Films, Kirsten Dunst, die während von Triers verbaler Selbstdemontage neben ihm sitzen musste. Die Strafe ließ nicht lange auf sich warten: Trotz einer offiziellen Entschuldigung noch am selben Tag wurde der Regisseur bei den Filmfestspielen als „Persona non grata“ ausgerufen und war seither nicht mehr in Cannes zu Gast.